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Heimat Museum

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Musentempel, Elfenbeinturm – in den 60er-Jahren wurde die Forderung laut, dass sich die Museen der Gesellschaft öffnen sollen, diese aktiv mitgestalten. Viel wurde seitdem experimentiert, theoretisiert und auch realisiert.

„In der Debatte über die Zukunft unserer Gesellschaft, unserer Heimat, dürfen Kulturinstitutionen, Museen, Bibliotheken und Archive nicht abseitsstehen“, so Hermann Parzinger. Im Gegenteil, die Institutionen, in denen sich Zeugnisse für menschliches Zusammenleben über Jahrtausende hinweg befinden, sollten zeigen, wie sehr Kulturen schon immer vom gegenseitigen Kontakt profitiert hätten, betont der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. So trägt die 1. Ausgabe des SPK Magazins 2016 den Titel „Heimat“ und behandelt angesichts der zahlreichen Menschen, die ihre Heimat verloren haben, damit ein Thema von brisanter Aktualität.

Vor allem zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz setzen derzeit das Postulat nach gesellschaftlicher Relevanz mit innovativen Konzepten um: Das Museum für Islamische Kunst mit dem Multaka-Prokjekt sowie das Museum Europäischer Kulturen mit der Ausstellung daHEIM: Einsichten in flüchtige Leben“, initiiert von der Künstlerin Barbara Caveng und KUNSTASYL, einer Initiative von Künstlerinnen und Künstlern, Kreativen und Asylsuchenden.

„Multaka – Treffpunkt Museum“ startete im Dezember 2015. Seitdem wurden neunzehn syrische und irakische Männer und Frauen, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten, als Guides ausgebildet. Sie geben anderen Menschen, die ihr Schicksal teilen, muttersprachliche Führungen, so im Museum für Islamische Kunst, im Vorderasiatischen Museum, in der Skulpturensammlung, dem Museum für Byzantinische Kunst sowie dem Deutschen Historischen Museum. In dem Beitrag „Was bleibt?“ geben die Autorinnen Kristina Heizmann und Thyra Fermann den Guides ein Gesicht. So etwa die 1982 in Syrien geborenen Kefah Ali Deeb, die das Vorderasiatische Museum als „ihr“ Museum ansieht: „Ich gehöre zu diesen Objekten, dieser Kultur“. Das Projekt helfe ihr, sich an die verlorene Heimat zu erinnern und sich zugleich ein neues Stück Heimat in Deutschland zu schaffen.

In dem partizipatorischen Projekt „daHEIM: Einsichten ins flüchtige Leben“ setzen sich die Bewohner des Wohnheims Staakener Straße mit dem Begriff Heimat auseinander. Kann ein Heim eine Heimat sein? Wie kommt man an in Deutschland, findet hier eine neue Heimat? In einem offenen Werkstattprozess und mit den Mitteln der Kunst erinnern sich die Geflüchteten und schauen gleichermaßen nach vorne. Dort, wo einst die Alten Meister hingen, werden nun Konzepte für die Zukunft erprobt – gemeinsam.

Ist das Heimatmuseum Schnee von gestern? Um die Zukunft einer Institution, die viele als antiquiert erachten, geht es in einem Interview mit Elisabeth Tietmeyer (Museum für Europäische Kulturen), Udo Gösswald (Museum Neukölln) und Paul Spiess. „Heimat als Monokultur“ sei vorbei, so der Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Auch habe sich die Prämisse „Wir sprechen, ihr hört“ umgewandelt in „Erzählen sie uns etwas.“

Ein Wörterbuch, das sich durch das gesamte Heft zieht, beleuchtet u.a. den sorbischen, hebräischen oder polnischen Begriff der Heimat. Eigens für das SPK Magazin wiederum hat Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerie, eine „Ausstellung“ kuratiert, die von Katharina Sieverdings „Schlachtfeld Deutschland XI“ bis hin zu Konrad Klaphecks „Glanz und Elend der Reformen“ reicht, während Barbara Schneider-Kempf, Direktorin der Staatsbibliothek Berlin, drei neue Deutschlandlieder in Auftrag gegeben hat.

So ist ein hellwaches facettenreiches Magazin entstanden, ein Magazin, das vom Dialog und dem Zuhören zeugt, vom Denken, Querdenken und Vordenken. Und das eines mit Sicherheit nicht ist: museal.

 

Das  Magazin ist zu bestellen unter: www.preussischer-kulturbesitz.de/ueber-uns/publikationen/spk-magazin/abonnieren.html.

 

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