Die Verleihung des „Echo“-Preises an Farid Bang und Kollegah führte weit über die Musikszene hinaus zu heftigen Protesten und einer Debatte über die Grenzen künstlerischer Freiheit. In ihren Texten verhöhnen die Rapper u. a. die Opfer des Holocausts. Viele namhafte Inhaber des Musikpreises gaben daraufhin ihre Auszeichnungen zurück. Nun auch Daniel Barenboim gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra. Hier die Begründung des argentinisch-israelischen Pianisten und Dirigenten und Leiter der Barenboim-Said Akademie, die jungen Menschen aus aller Welt eine humanistische Konservatoriumsausbildung bietet:
Ich habe die Diskussion um die ECHO-Auszeichnung für ein Rap-Album, dessen Texte eindeutig als antisemitisch, frauenfeindlich, homophob und allgemein menschenverachtend zu charakterisieren sind, mit großer Bestürzung verfolgt. Als Jude, der seit vielen Jahren gerne in Deutschland lebt und Freiheit in der Kunst als ein hohes Gut ansieht, hat mich die Debatte besonders beschäftigt und ich habe auch abgewartet, ob seitens der Verantwortlichen eine adäquate Reaktion hierauf erfolgen wird.
Meinungsfreiheit und Freiheit in der Kunst gehören zu den wichtigsten Errungenschaften und Werten einer demokratischen und offenen Gesellschaft.
Mit jeder Freiheit kommt aber auch eine Verantwortung: unsere Verantwortung, die errungenen Freiheiten so zu nutzen, dass auch die Freiheit eines jeden anderen Menschen und Andersdenkenden bestehen kann – ebenso wie die Verantwortung, andere Menschen in ihrer Würde zu achten und zu respektieren. Diese Überzeugung ist seit vielen Jahren Kern meines Denkens als Mensch und meiner Arbeit als Künstler.
„Missbrauch von Freiheit nicht tolerieren“
Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und die offene Verachtung von vermeintlich Schwächeren und Minderheiten sind ein Missbrauch von Freiheit, den wir als Gesellschaft niemals tolerieren dürfen. Wir müssen uns geschlossen gegen solche Stimmen erheben und dürfen sie nicht auch noch dadurch bestärken, dass wir sie mit Preisen auszeichnen und dadurch legitimieren. Im Gegenteil, wir müssen heute mehr denn je für Menschlichkeit, gegenseitige Achtung und Empathie kämpfen.
In diesem Geist habe ich mich, gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin und dem West-Eastern Divan Orchestra, entschieden, unsere Auszeichnungen geschlossen zurück zu geben. Kommerzielle Interessen dürfen nicht überwiegen, wenn es um so essenzielle Fragen des Anstands und unserer Menschlichkeit geht.
Siehe hierzu auch Luftschloss aus Stein