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Forecast Forum 2019: Die finalen Projekte stehen fest

Forecast Forum – 6 Juli 2019 – Radialsystem © Camille Blake-61_
c) Forecast, Foto: Camille Blake, 2019

Die sechs finalen Projekte des internationalen Mentoringprogramms Forecast stehen fest: In den kommenden neun Monaten begleiten die sechs renommierten Forecast-Mentoren Künstler aus Italien, Finnland, Kenia und den USA. Beim Forecast Festival am 3./4. April 2020 im radialsystem stellen die sechs Mentees ihre künstlerischen Arbeiten vor.

Am Wochenende vom 5. bis 7. Juli war die Öffentlichkeit in das radialsystem eingeladen, Präsentationen der sechs Mentoren der Forecast-Ausgabe 2019/2020 sowie 18 multidisziplinäre Projekte von jungen Künstlern, Musikern, Radiomachern, Forschern, Designern und Cartoonisten zu erleben. Mit einem Spektrum von lokalen vergessenen Geschichten bis hin zu drängenden globalen Themen wie Klimawandel, Grenzkontrollen und spekulativen, “disruptiven” Start-Ups zeigten die 18 unabhängigen Projekte dennoch viele Gemeinsamkeiten: sie verfolgen unterschiedliche narrative Strategien, um kritische Ansätze zu implizieren, die politische und persönliche Realitäten hinterfragen und herausfordern, und alle stammen von kreativen Denkern, die sich als Aktivisten oder Dokumentaristen begreifen und dies in ihre Arbeit einbringen.

Die ausgewählten Mentees 2019/2020 sind die kenianische Künstlerin und Filmemacherin Renée Akitelek Mboya, der finnische Musiker Olli Aarni, die Aktivistin Sue Montoya, die Wissenschaftsjournalistin Caty Enders, der Cartoonist Jonas Madden-Connor und das italienische Kollektiv Parasite 2.0.

Die Mentoren 2019/2020 sind die Multimediakünstlerin Candice Breitz, der Künstler und Internetaktivist Paolo Cirio, die Musikerin Okkyung Lee, der Cartoonist Anders Nilsen, der Radioreporter Joe Richman sowie der Designer Jerszy Seymour.

Vorbereitend auf das Publikumswochenende hatten die Mentoren und ihre Kandidaten die Möglichkeit, die Präsentationen in enger Zusammenarbeit vorzubereiten. Nach Abschluss des arbeitsintensiven Forums haben die Mentoren jeweils ein Projekt gewählt, welches sie bei der weiteren Realisierung begleiten werden. Jedes Tandem aus Mentor und Mentee wird in den nächsten neun Monaten weiter zusammenarbeiten und bei einem Arbeitsaufenthalt in einer internationalen Partnerinstitution erneut zusammenkommen, um die Projekte zu verwirklichen. Die daraus resultierenden Arbeiten werden beim Forecast Festival am 3./4. April 2020 im radialsystem der Öffentlichkeit vorgestellt.

Freo Majer, künstlerischer Leiter Forecast: “Einerseits berühren die sechs ausgewählten Projekte und die Köpfe dahinter sehr unterschiedliche Themen und Herangehensweisen, doch eines verbindet sie: die Bereitschaft und Fähigkeit, einen Weg ganz zu Ende zu gehen. Wir sehen in diesen sechs Ansätzen eine Radikalität und Klarheit im Fragen, Zweifeln und Wissen-Wollen, und einen ebenso präzisen wie experimentellen und freizügigen Umgang mit unterschiedlichen Mitteln. Diese Leute gehen aufs Ganze. Wir freuen uns sehr auf den gemeinsamen Weg.”

Zu den ausgewählten Projekten:

Moving Images
Die Künstlerin Candice Breitz wird die kenianische Künstlerin und Filmemacherin Renée Akitelek Mboya bei der Realisierung ihres Projekts A Glossary of the Words My Mother Never Taught Me begleiten, welches sich mit Arten der Bild- und Wissensproduktion in kolonialen Filmarchiven auseinandersetzt, um rassistische Genealogien in der Darstellung schwarzer Themen zu verfolgen. Candice Breitz: “Renées Suche nach einer adäquaten Sprache, um eine gewalttätige Kolonialgeschichte neu zu formulieren und umzuschreiben – eine Geschichte die in Filmen wie Africa: Blood and Guts eingebettet ist – halte ich für notwendig und unglaublich schwierig. Ich genieße die Gelegenheit, von Renée zu lernen und durch unseren erweiterten Dialog mein eigenes Verständnis ihres Narrativs zu vertiefen.”

Your Musical DNA
Die Musikerin Okkyung Lee wird mit dem finnischen Musiker Olli Aarni an seiner Komposition Ajoittua ja Sijaita arbeiten, die mit dem traditionellen Instrument kantele sowie Feldaufnahmen und Naturklängen eine Vorstellung vom Alltäglichen der finnischen Kultur vermittelt. Okkyung Lee: “Eine Woche mit drei Finalisten zu verbringen, die alle durch ihre Werke so starke persönliche Visionen präsentierten, war ein Privileg, das ich für immer schätzen werde. Am Ende fiel meine Entscheidung auf Aarni basierend auf der Überlegung, wie ich für diese Zusammenarbeit dabei nützlich sein könnte, durch den Austausch von Ideen und das Erforschen vielfältiger Möglichkeiten Werke zu schaffen, die für uns beide transformativ sein können.”

Expanded Documentary
Der Künstler, Internetaktivist und Kulturkritiker Paolo Cirio hat Sue Montoyas forschungsbasiertes Stück Rising Tides ausgewählt, das die Auswirkungen des steigenden Meeresspiegels auf die Gemeinden und das Ökosystem von Miami Dade County untersucht. Paolo Cirio: “Sue Montoyas Arbeit greift eine der drängendsten Herausforderungen auf, vor denen die Menschheit heute steht. Der Klimawandel wird in allen Bereichen unseres Lebens und unserer Gesellschaft für Zerstörung sorgen. Sue stellt sich dieser Herausforderung, indem sie sich mit den Verflechtungen der globalen Erwärmung beschäftigt. Ihre Untersuchungen und Darstellungen eines so komplexen Themas umfassen die überwältigende Komplexität durch eine eingehende Datenrecherche, politische Themensetzung, gesellschaftliches Engagement und insbesondere durch die Untersuchung der wirtschaftlichen Faktoren. Beginnend mit der Recherche und der Sammlung von Archivmaterial hat Montoyas Arbeit das Potenzial, “Klimagerechtigkeit” zu schaffen, indem sie direkt in das Erstellen von Umwelt- und Stadtplänen eingreift, sowie durch überzeugende visuelle und konzeptionelle Kunst. Dadurch wird die Rolle von Dokumentarfilm und Künstlern in der Gesellschaft wirklich erweitert.”

Stories in Sound
Der Radioreporter Joe Richman wird das Projekt der Wissenschaftsjournalistin Caty Enders, Forever, bis zur Fertigstellung begleiten. In Form eines Podcasts und immersiven Installation wird es sich einerseits mit Durchbrüchen in den Bereichen der Biotechnologie und der Künstlichen Intelligenz befassen, die vom Silicon Valley unterstützt werden um die Unsterblichkeit zu erreichen, und andererseits mit der Realität des Rückgangs der Lebenserwartung in den Vereinigten Staaten aufgrund der Rekordzahlen an chronischen Krankheiten, Selbstmord und Sucht. Joe Richman: “Ich hatte die Ehre, mit drei Mentees zusammenzuarbeiten, die wichtige und schön erzählte Projekte präsentierten, die alle die Grenzen zwischen Kunst und Journalismus überwunden haben. Es war eine unglaublich schwierige Entscheidung, nur ein einziges Projekt zu wählen. Ich habe mich für Enders’ Projekt Forever entschieden, in dem sie die Wissenschaft des längeren Lebens durch eine menschliche Perspektive ergründen möchte. Ihr Projekt ist ehrgeizig, macht Spaß und ist wertvoll und es wirft Fragen auf, die universell sind. Ich freue mich, ein Mentor für dieses Projekt zu sein.”

Ink Paper Thought
Der Cartoonist Anders Nilsen hat sich für das Projekt Grave Wounds von Jonas Madden-Connor entschieden. Seine Graphic Novel wird eine Vampirgeschichte beinhalten, die sich auch mit Rassebeziehungen und der Suche nach einer künstlerischen Stimme beschäftigt. Der Protagonist der im Zweiten Weltkrieg spielenden Geschichte ist ein afroamerikanischer GI, dessen gesamte Einheit im Kampf getötet wird. Er wird zu einer nahegelegenen Burg gebracht, um sich zusammen mit dem anderen Überlebenden zu erholen, einem deutschen Soldaten. Als die beiden entdecken, dass ihre Gastgeberin ein Vampir ist, müssen sie zusammenarbeiten, um zu entkommen. Anders Nilsen: “Ich liebe die subtile Komplexität und das beharrliche Geschichtenerzählen in Madden-Connors Arbeit. Ich freue mich darauf, ihn in den nächsten neun Monaten dabei zu begleiten, wie sich seine Arbeit zu einem fertigen Buch entwickelt.”

An Activism in Design
Der Designer Jerszy Seymour wird das italienische Kollektiv Parasite 2.0 bei dessen subversiven Projekt Nasty Job betreuen, mit dem sie dafür argumentieren menschliche Lebensräume und damit die Formen sozialer Beziehungen, die durch räumliche Organisation erzeugt werden, zu überdenken. Sie schlagen eine alternative Raumerfahrung vor, die mit architektonischen Normen bricht, und gründen ihre Forschung auf erwachsene “Spielplätze” wie Clubs, besetzte Häuser und Umgebungen wie Swingerclubs und Darkrooms. Jerszy Seymour: “Es war eine erstaunliche Woche der Zusammenarbeit mit den drei Kollektiven, mit einer großen kollektiven Kraft. Wir setzen auf Parasite 2.0 – Eugenio, Luca und Stefano. Können sie das Kollektiv der Kollektive produzieren? Wir werden sehen.”

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