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INTO WORLDS. Das Handwerk der Entgrenzung Konferenz

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Acht Stunden täglich, fünf Tage pro Woche, über fünf Jahre hinweg eine einzige Sache tun: Der sogenannten 10.000-Stunden-Theorie zufolge entsteht so ein Maß an Könnerschaft, das sich als Einswerdung der Handelnden mit dem Material begreifen lässt – eine Form von Immersion, für die sich Richard Sennett in seiner Schrift „The Craftsman“ (2008) interessiert. Ob für die Fingerfertigkeit von Instrumentalist*innen, die Techniken von Schauspieler*innen oder die Routinen von Glasbläser*innen – stets ist dieses intensive Üben die Voraussetzung zum Eintauchen in Räume, Sphären oder Zustände, in denen wir außer uns geraten und möglicherweise gerade darin zu uns kommen.

Die Konferenz „INTO WORLDS“ geht den Künsten der Immersion in drei Bereichen nach: in handwerklichen Körpertechniken, spektakulären Unterhaltungsformaten von Jahrmarktsattraktionen bis zur Virtual Reality, sowie spirituellen Mentalpraktiken zwischen religiöser Versenkung und meditativer Selbstoptimierung. Immersion zeigt sich dabei als ambivalente Bewegung. Sie steht einerseits für Selbst- oder Medienvergessenheit, geistige Übung oder Ekstase, ist jedoch andererseits Anlass für Distanznahme und kritische Reflexion: Wie, von wem und wozu werden die verschiedenen Welten gebildet, an denen wir täglich partizipieren? In welche Rollen geraten wir dabei und wie tragen wir zur Bildung dieser Welten bei?

Immersive Phänomene schaffen in unserer Gesellschaft faszinierende und beunruhigende Wahrnehmungsmodi, durch die uns vertraute Gegenüberstellungen wie Innen und Außen, Öffentlichkeit und Privatheit, Biologie und Technologie sich auflösen. Strategien der Entgrenzung, wie sie das Internet und die sozialen Netzwerke hervorbringen, prägen unseren Alltag, bleiben aber oft diskret und nicht auf den ersten Blick erkennbar. Um besser zu verstehen, wie es um das Verhältnis von Aktivität und Passivität in subjektiven und öffentlichen Handlungsräumen bestellt ist, lassen sich anhand des Immersionsbegriffs nicht nur künstlerische Arbeitspraktiken beschreiben, sondern auch gegenwärtige Politik-, Kommunikations- und Arbeitsmodelle kenntlich machen.

Vom 19. bis 21. Januar wird der von Eva Veronica Born gestaltete Lichthof des Martin-Gropius-Bau zu einem Konferenzort, an dem sich Künstler*innen und Wissenschaftler*innen in einen offenen Austausch mit dem Publikum begeben. Dabei geht es nicht nur um Mechanismen des Eintauchens, sondern auch um die Fähigkeit zum Auftauchen und den reflektierenden Blick von außen auf Welten, die zunehmend kein Außerhalb mehr dulden.