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Kai Teichert: HOUSE OF JOY

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Ein marokkanischer Innenhof: in der Mitte sitzt Charles W. Leslie, vor ihm liegt sein Schäferhund „Joy“. Wuchernde Vegetation. Vasen mit Blumen. Exotik. Ein Springbrunnen, dessen Fontäne sich beim zweiten Hinsehen als Wolke kopulierender Männer entpuppt. Jünglinge als Baumstämme. Auch eine Schlange windet sich als Symbol der Ursünde und der Verführung. Ein Triptychon der sexuellen Erregung. Selbst die orientalischen Kacheln outen sich. Wohin der Blick auch fällt: überall Liebe, diese Liebe, die Oscar Wilde in seinem Prozess als Liebe, die ihren Namen nicht nennen darf, umschrieb. Generationen von schwulen Männern und einige wenige lesbische Frauen erkannten Marokko als ihren Sehnsuchtsort, als ihr Paradies. Wilde führt Gide in das orientalische Laster ein. Die Dichter der Beatgeneration besuchen Paul und Jane Bowles in Marrakesch. Modeschöpfer und reiche Erben lassen sich hier nieder. Roland Barthes besingt die arabischen Jungs. Auch Charles W. Leslie, der mit seinem Partner Fritz Lohmann das Museum of Gay und Lesbian Art in New York gründete, hat ein Refugium in der traumhaften Altstadt von Marrakesch. Kai Teichert war hier 2016 zu Gast. Der zweite Blick auf seine wandfüllende Hommage an Charles Leslie offenbart die Tiefenschichten sexueller Erregung. Jede Arabesque ein Vexierspiegel: … denn alle Lust will Ewigkeit.

 

Die Collagen Kai Teicherts bestehen aus intimen fotografischen Einblicken. Seine Obstkörbe, Vögel und Blumenstilleben geben sich als Ausschnitte menschlicher Körper zu erkennen. Kai Teichert portraitiert Personen: er fotografiert ihre nackten Körpern, schneidet Details aus und setzt sie zu neuen Bildfindungen zusammen. Die so verfremdeten intimen Puzzleteile geben sich erst bei genauer Betrachtung zu erkennen. Kai Teicherts Collagen waren zum Teil bereits im Leslie-Lohman Museum for Gay and Lesbian Art in New York City zu sehen und werden in Berlin erstmals ausgestellt.